Sievering Clinic

Competence Centre for Minimally Invasive Medical Services

Colitis ulcerosa

Bei der Colitis ulcerosa handelt es sich um eine chronisch entzündliche Erkrankung der Schleimhaut des Dickdarmes unbekannter Ursache (Ätiologie) und Entstehungsweise (Pathogenese). Sie beginnt stets im Mastdarm (Rektum) und breitet sich bei etwa der Hälfte der Betroffenen in Richtung des Dickdarms (Kolon) aus.

Die Colitis ulcerosa befällt vorzugsweise das Rektum und den linksseitigen Dickdarm (Kolon). Sie kann sich aber auch über den gesamten Dickdarm kontinuierlich ausbreiten. Ein Befall des Dünndarms jedoch ist sehr selten. Das kontinuierliche und auf den Dickdarm beschränkte Ausbreitungsmuster grenzen die Colitis ulcerosa gegenüber dem Morbus Crohn ab.

Ursachen

Die Ursachen sind nach wie vor unbekannt. Man nimmt an, dass mehrere Faktoren zusammen wirken müssen (multifaktorielle Genese).

Diese Annahme stützt sich auf folgende Beobachtungen bei Patienten mit Colitis ulcerosa:

  1.  familiäre Häufung (erbliche Veranlagung)
  2. Ernährungsfaktoren und Nahrungsbestandteile
  3. Störung des Immunsystems
  4. Bakterien, Viren
  5. psychosomatische Ursachen

Symptome

Die wichtigsten Leitsymptome sind ein blutiger Stuhl mit Schleimbeimengungen und Durchfall, in schweren Fällen bis zu 30 Stuhlgängen pro Tag sowie Leibschmerzen. Diese Schmerzen werden im Dickdarm, in der Mitte des Unterbauches oder in der Kreuzbeingegend empfunden. Häufig verspüren die Patienten Schmerzen vor oder unmittelbar nach dem Stuhlabgang (Tenesmen). Es können auch Blutabgänge ohne Stuhl auftreten. Viele Patienten zeigen einen Gewichtsverlust als Folge von Eiweißverlusten über den Darm und verminderter Nahrungszufuhr, fühlen sich müde und abgeschlagen. Fieber und eine Zunahme der weißen Blutkörperchen (Leukozytose) sind relativ häufig.  Schmerzen im Epigastrium und rechten Unterbauch

  1. Schmerzen während der Nahrungsaufnahme
  2. Dyspepsie
  3. Völlegefühl
  4. Brechreiz
  5. Anorexie Exzessive Gase
  6. Epigastrischer Schmerz

Diagnostik

Das Ziel der diagnostischen Untersuchungen ist die Sicherung der Diagnose sowie die Verlaufskontrolle mit der Feststellung möglicher Komplikationen. Erste Hinweise ergeben sich aus der Befragung des Patienten (Anamnese) und der körperlichen Untersuchung, z.B. Blut am Fingerling bei rektaler Untersuchung. Zur Sicherung der Diagnose und Abgrenzung gegenüber anderen entzündlichen Darmerkrankungen vor allem gegenüber dem Morbus Crohn bedarf es bildgebender und laborchemischer Untersuchungsverfahren.

Dazu gehören.

  1. Röntgen: Darstellung des Dickdarmes durch Kontrastmittelfüllung     (Kolon-Kontrasteinlauf)
  2. Darmspiegelung (Rektoskopie bzw. Koloskopie) mit Entnahme von Schleimhautproben (Biopsie) und deren feingewebliche Untersuchung (Histologie)
  3. Ultraschall (Sonographie)
  4. Laboruntersuchungen
  5. Bakteriologische Stuhluntersuchung zum Ausschluss erregerbedingter  Darmentzündungen

KomplikationenKomplikationen betreffen in erster Linie den Darm und treten bei weniger als 5 bis 7% der Patienten auf.

Die wichtigsten Komplikationen sind:

1. Das toxisches Megakolon     Unter einem toxischen Megakolon versteht man eine überdehnung des Darmes infolge einer Wandschwäche sowie einer Gasansammlung. Es ist gekennzeichnet durch starke Schmerzen, anfangs Durchfall, der dann plötzlich aufhört, Blähungen  (Meteorismus), Fieber und Schüttelfrost sowie Herzrasen (Tachykardie). Ohne entsprechende Therapie kann es zu einem Darmdurchbruch kommen.

2. Darmdurchbruch (Perforation)     Die Darmperforation ist eine lebensbedrohliche Komplikation und erfordert die sofortige Operation.

3. schwere Darmblutungen     Die Blutverluste können in der Regel durch Bluttransfusionen beherrscht werden, selten ist bei sonst aussichtslosen Fällen eine Entfernung (Resektion) des betroffenen Darmabschnittes in Erwägung zu ziehen.

4. Narbenbildung (Strikturen)     Eine Narbenbildung am Darm kann zu einer dauerhaften Engstellung diese Abschnittes führen, was häufig mit starken, kolikartigen Beschwerden einhergeht. Im Extremfall kann ein Darmverschluss die Folge sein.

5. Fisteln und Abszesse     Fisteln sind spontan entstandene Verbindungen zwischen einem Hohlorgan und der Körperoberfläche (äußere Fistel) oder einem anderen Hohlorgan (innere Fistel). Sie sind relativ schmerzlos, heilen aber schlecht. Abszesse sind Eiteransammlungen in nicht vorgeformten Körperhöhlen, die äußerst schmerzhaft sind. Beide sind aber bei der Colitis ulcerosa im Vergleich mit dem Morbus Crohn sehr selten.

6. Entstehung von Dickdarmkrebs     Das Risiko, an einem Dickdarmkrebs zu erkranken nimmt bei Patienten mit Colitis ulcerosa bei einem langen Krankheitsverlauf (mehr als 10 Jahre) im Vergleich zur übrigen Bevölkerung zu und liegt dann bei ca. 10%. Bei Befall des gesamten Dickdarms und 25 Jahren Krankheitsdauer steigt das Krebsrisiko sogar auf ca.40%! Wegen dieser erhöhten Gefahr einer Krebserkrankung sollte nach 10jähriger Erkrankung 1 mal im Jahr eine Darmspiegelung des gesamten Dickdarmes mit ewebeprobeentnahmen erfolgen. Komplikationen der Colitis ulcerosa können auch außerhalb des Darmes  auftreten, sind aber insgesamt seltener als beim Morbus Crohn anzutreffen, es sind:

  1. Gelenkentzündungen
  2. Entzündungen am Auge
  3. Entzündungen der Gallenwege (häufiger bei Männern)
  4. Leberschädigungen
  5. Hautveränderungen (Erythema nodosum)

Konservative Behandlung

  1. parenterale Ernährung, Antibiose
  2. Pflanzenfaserreiche Ernährung
  3. Salizylat
  4. Kortison

Das Ziel der Therapie besteht darin, die Symptome zu mindern und Komplikationen zu vermeiden. Die Behandlung der Colitis ulcerosa erfolgt am besten durch eine Diät und die Anwendung entzündungshemmender Medikamente. Die Kost   von Colitis-ulcerosa-Patienten sollte eiweiß- und ballaststoffreich sein. Manche Patienten reagieren gut auf eine milchfreie Ernährung.Unverträgliche Nahrungsmittel sind unbedingt zu meiden. In schweren Fällen kann die Umstellung auf eine vollresorbierbare Elementarkost (“Kosmonautennahrung”) oder sogar eine künstliche Ernährung unter Umgehung der Verdauungstraktes (z.B. intravenös) notwendig werden. Die medikamentöse Therapie erfolgt mit Kortikosteroiden oder Salizylaten.Kortikosteroide werden oral (als Tabletten ), parenteral (intravenös) oder als Zäpfchen bzw. Klysmen (rektal) eingesetzt.

Seit mehr als 40 Jahren wird Salazosulfapyridin erfolgreich angewendet. Heute steht ein neues Salizylat zur Verfügung (Mesalazin), das sowohl als Tablette als auch als Zäpfchen benutzt werden kann. Im Gegensatz zum Morbus Crohn ist bei der Colitis ulcerosa eine prophylaktische Therapie möglich. Im symptomfreien Intervall wird über mehrere Jahre täglich ein Salizylat verwendet. Zur frühzeitigen Diagnose einer möglichen Krebsentwicklung wird, wie bereits erwähnt, nach einem 10jährigen Krankheitsverlauf 1 mal jährlich eine Spiegelung des gesamten Dickdarmes   empfohlen.

Chirurgisches Risiko erhöht bei:

1. Alter über 75

2. übergewicht

3. Raucher

4. Alkoholabusus

5. Chronische Lungenerkrankung

Operatives Verfahren

Die Notwendigkeit einer operativen Therapie besteht, wenn Komplikationen auftreten. Da bei der Colitis ulcerosa die Entzündung auf den Dickdarm beschränkt ist, kann durch eine Entfernung des gesamten Dickdarmes eine Heilung erreicht werden. Allerdings ist ein solcher radikaler Eingriff nur besonders schweren Fällen vorbehalten.

Nachbehandlung eines Routinefalles

1. p.o. Tag abends: Magensonde ex, schluckweise Tee

3. p.o. Tag: Kostaufbau

5. p.o. Tag: Entfernung der links paracolisch eingelegten Robinsondrainage,

bis dahin: parenterale Ernährung erforderlich

grundsätzlich: perioperative Antibiotikaprophylaxe mit Breitbandantibiotikum     oder Metronidazol

Anästhesie

Allgemeinnarkose.

Mögliche Komplikationen

1. Paralytischer Ileus.

2. Pneumonie.

3. Nahtdehiszenz

4. Wundheilungsstörungn

5. Thromboembolische Komplikationen

Prognose

Die Prognose der Colitis ulcerosa ist in jedem einzelnen Fall schwer vorhersehbar. In den meisten Fällen tritt innerhalb eines Jahres nach Abklingen eines Schubes ein weiterer auf. Bei alleinigem Rektumbefall sind Operationen aufgrund verschiedener Ursachen seltener als bei ausgedehnteren Formen. Die mittlere Lebenserwartung ist im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung nicht messbar eingeschränkt.